Früher waren Führungskräfte diejenigen mit dem Eckbüro, die
- alles besser wussten
- kontrolliert haben, ob auch alle richtig arbeiten und die Besten durch Gehaltserhöhungen und Boni belohnt haben.
- entscheiden mussten/durften und die Verantwortung trugen
Als ich meine Karriere begann, war das zumindest noch so. Ich durfte zuweilen unter guten Führungskräften arbeiten, die verständnisvoll und inspirierend waren und habe aber so manches Mal auch unter Mikromanagern gelitten. Im Großen und Ganzen habe ich dieses Bild von Führung als gegeben akzeptiert und nicht hinterfragt. Doch in letzter Zeit stimmt die Wirklichkeit immer weniger mit dem überein, was so lange als selbstverständlich galt.
Die Arbeitswelt hat sich in den letzten 10-15 Jahren deutlich gewandelt und doch sind die meisten Menschen, die heute Verantwortung in Organisationen tragen, von einer anderen Zeit und von einer anderen Haltung geprägt worden – und das wirkt bis heute nach.
Wer alles selbst entscheiden will, macht seine Organisation langsam und ineffizient.
In vielen Bereichen des Arbeitslebens ist die Flut an Informationen mittlerweile so groß und die Dynamiken der Märkte so komplex, dass es für den Einzelnen fast unmöglich ist, noch von A-Z durchzublicken. Hinzu kommt, dass die Innovationszyklen sich in vielen Branchen verkürzt haben und ganze Wertschöpfungsketten binnen weniger Jahre komplett auf den Kopf gestellt wurden – Stichwort Disruption.
All diese Faktoren führen dazu, dass das Bündeln von Entscheidungsmacht und Wissen bei wenigen Personen für die Organisation nicht mehr hilfreich ist – im Gegenteil: Mit einem solchen «Bottleneck» stehen sich Organisationen sogar selbst im Weg. Das Resultat: Wichtige Entscheidungen fürs Business werden häufig entweder zu spät, gar nicht oder nicht richtig getroffen, einfach weil die Reduktion von Komplexität fehlschlägt.1 Daraus ergibt sich, dass Entscheidungen dort zu treffen sind, wo auch das Wissen sitzt – bei den Fachexpert*innen. So weit so klar: Es geht darum, Entscheidungsfindung so nahe wie möglich an Kunden und Geschäft heran zu bringen und Prozesse einzuführen, die Menschen dabei unterstützen, gut und zügig zu entscheiden.
Entscheidungen teilen? OK, aber was ist aus der «Kontrollfunktion» von Führung geworden?
Die Wahrheit ist: Kontrolle und Druck auszuüben war zumindest für Wissensarbeiter*innen nie wirklich sinnvoll: In Bereichen, in denen es keine Routinearbeit wie am Fließband gibt, sondern wo Menschen komplexe Probleme lösen und stetig dazulernen müssen, sind äußere Druck- und Anreizsysteme nachgewiesenermaßen kontraproduktiv. Sie erzeugen das genaue Gegenteil: Demotivation und Antriebslosigkeit – und das wiederum wurde oft fehlinterpretiert als Beleg dafür, dass es noch mehr Regulierung und Kontrolle braucht – ein Teufelskreis.2
Immer mehr Firmen brechen aus diesem Muster aus und bauen auf die Eigenverantwortung und die intrinsische Motivation der Mitarbeiter*innen anstatt mit Kontrolle durch außen. Genau so arbeiten wir auch bei hppyppl. Wir gehen davon aus, dass jede Person in der Lage und gewillt ist, Leistung zu bringen und dazuzulernen. Wo immer möglich, setzt das Team sich selbst seine Ziele. Wir kontrollieren nicht die Arbeitszeiten, sondern machen stattdessen Arbeitsergebnisse transparent.
Bei so viel Eigenverantwortung – braucht es da etwa keine Führung mehr?
Doch, die braucht es nach wie vor, aber anders und – ein ganz zentraler Aspekt – auch nicht mehr zwangsläufig in der gleichen Person vereint. Die verschiedenen Funktionen von Führung lassen sich sehr gut auf verschiedene Schultern und verschiedene Rollen verteilen. Im Laufe der Zeit ist es sogar sinnvoll, die Führungsrolle(n) durch Wahl oder geplante Rotationen zu wechseln, um zu verhindern, dass man sich allzu gemütlich im Status Quo einrichtet.
Gute Führung bedeutet heute
- Eine dienende Haltung – Es geht bei Führung nicht um einzelne Held*innen, sondern um das, was die Organisation als Ganzes erreicht. Personen, denen Menschen gern folgen haben eines gemeinsam: Sie sind keine Egoman*innen, sondern vermitteln glaubhaft, dass es ihnen bei all dem, was sie tun, nicht um den eigenen Ruhm und die eigene Karriere, sondern um etwas Größeres als sie selbst geht.1,3
- Einen Nordstern für die Organisation oder das Team aufzeigen (Stichwort Purpose, Vision oder Why) und dafür zu sorgen, dass jeder Person jederzeit klar ist, was ihre Rolle und ihr Beitrag hierzu sind
- Ein Umfeld kreieren, in dem Menschen gerne ihre Stärken einbringen, sie entfalten können und spüren, welche Person in welchem Umfeld am besten aufgehoben ist
- Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die für die Arbeit benötigt werden (Tools, Prozesse, Struktur, Budget) und Barrieren aus dem Weg zu räumen
- Reflexionsräume schaffen und dafür sorgen, dass das System „sich selbst sehen kann“ und dazulernt. Hierzu gehört auch, Barrieren und Probleme, aber auch Chancen frühzeitig sichtbar werden zu lassen und den Purpose der Organisation gegen aufkeimende Innenpolitik und andere Interessen zu verteidigen. 4
Wie schütteln wir die Schatten der Vergangenheit ab?
Wir erleben zurzeit oft Menschen, die auf einer intellektuellen, kognitiven Ebene all diese Punkte sehr gut verstehen und die diese Prinzipien auch gerne selbst leben möchten, die aber gleichzeitig in ihrer Prägung noch sehr stark vom klassischen, hierarchischen Führungsverständnis des Industriezeitalters beeinflusst sind.
Das ist absolut nachvollziehbar, denn wir alle sind ein Stückweit Kinder unserer Zeit. Was hilfreich sein kann, wenn es darum geht, eine neue Haltung wirklich zu leben und die Schatten der Vergangenheit abzuschütteln, ist das Einführen von Strukturen, Rollen und Prozessen, die den Wandel in die gewünschte Richtung unterstützen. Hierbei unterstützen und begleiten wir bei hppyppl unsere Co-Companies leidenschaftlich gern; sei es durch ein Sparring mit der Geschäftsleitung, Beratung für das HR Team oder durch maßgeschneiderte Workshop-Formate – viele Wege führen zum Ziel – es braucht äußere und innere Arbeit.
Kann hppyppl auch dich auf dem Weg in eine neue Führungskultur und in den gezielten Aufbau dafür hilfreicher Strukturen supporten? Finde es raus & nimm Kontakt auf!
Referenzen und weiterführende Literatur
1 Martin Permantier, Haltung entscheidet – 2019 ISBN 978-3-8006-6063-6
2 Daniel H. Pink, Drive – 2011 ISBN 978-1-59448-480-3
3 Simon Sinek, Leaders eat last – 2017
4 Frederic Laloux, Reinventing Organizations, 2014