Der Gender Pay Gap. Puh. Großes Thema. Und ein absolut wichtiges Thema. Aber fangen wir erst mal vorne an. Was ist denn der Gender Pay Gap überhaupt? Warum gibt es da unterschiedliche Zahlen? Welche Ursachen gibt es für den GPG (wir nutzen ab jetzt diese Abkürzung, sonst wird der Blogpost zu lang)? Und was kannst du als Arbeitgeber tun, um dazu beizutragen, dass der GPG geschlossen oder zumindest verringert wird? (Dass du ganz alleine den GPG abschaffst, ist vielleicht ein bisschen zu viel verlangt.) Also… fangen wir mal an…
Was ist der Gender Pay Gap?
Der Begriff „Gender Pay Gap“ (auch Gender Wage Gap = geschlechtsspezifische Lohnlücke) stammt aus der Sozioökonomie und der Soziologie und bezeichnet grundsätzlich den Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Dabei wird die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes von Frauen und Männern betrachtet. Spoiler: Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer. Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern betont die ungleiche Behandlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Unternehmen und trägt im Allgemeinen zu mangelnder Gleichberechtigung bei.
Warum gibt es da so unterschiedliche Zahlen?
In der Diskussion über den GPG werden oft zwei verschiedene Werte genannt: Der unbereinigte und der bereinigte GPG. Der unbereinigte GPG lag 2020 in Deutschland bei 18%. Das heißt, Frauen verdienen pro Stunde durchschnittlich etwa 18% weniger als Männer. Ja, wirklich! Und dazu muss man schon sagen, dass sich der GPG in den letzten 15 Jahren verringert hat. 2006 waren es nämlich noch 24%. Jetzt gibt es aber verschiedene Gründe für diesen Unterschied. Der unbereinigte GPG berücksichtigt keine individuellen Merkmale, wie zum Beispiel unterschiedliche berufliche Biografien, die geschlechtsspezifische Wahl von bestimmten Berufsfeldern, Führungs- und Qualifikationsanspruch oder auch Beschäftigungsumfang. 71% des GPG lassen sich aber eben durch solche Strukturen erklären. Ok. Und der Rest? Der bereinigte Gender Pay Gap schließt die Teile des Verdienstunterschieds aus, die auf strukturelle Unterschiede zurückzuführen sind und vergleicht damit nur den Verdienst von Männer und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen und Tätigkeiten. Zuletzt lag der bereinigte GPG 2018 bei 6%. Das heißt, dass Frauen im Schnitt 6% weniger verdienen als Männer, selbst wenn sie den exakt gleichen Job machen und die exakt gleichen Voraussetzungen mitbringen. Holy sh**!
Ja aber warum denn???
Tja, das ist die große Frage. Die 6% werden nämlich auch als „unerklärter Rest“ bezeichnet. Unerklärt weil… nun ja… er ist eben noch nicht erklärt 🤷♀️ Es gibt aber natürlich verschiedene Hypothesen. Eine davon ist ganz einfach Diskriminierung. Eine Studie der Yale University untersuchte dazu zum Beispiel, wie Mitarbeitende der Fakultät Lebensläufe von Studierenden bewerten, die sich auf eine wissenschaftliche Stelle bewarben. Dabei wurden allen Teilnehmenden in zwei unterschiedlichen Testgruppen dieselben Lebensläufe vorgelegt. Allerdings mit dem Unterschied, dass den Lebensläufen jeweils ein männlicher oder ein weiblicher Name zugeordnet wurde. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass weibliche Bewerber im Schnitt als weniger kompetent und für den Job geeignet eingestuft wurden, als die männlichen Bewerber mit demselben Lebenslauf. Außerdem wurden ihnen weniger Gehalt und Mentoring angeboten. Und das völlig unabhängig davon, ob die bewertende Person eine Frau oder ein Mann war. Diskriminierung scheint also tatsächlich irgendeine Rolle in der Sache zu spielen. Aber es gibt noch weitere Theorien. Dazu zählen unterschiedliche Herangehensweisen von Frauen und Männern in Gehaltsverhandlungen, die Bereitschaft, Risiken einzugehen oder auch die Dunkle Triade (Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie), die häufiger Männern zugeschrieben wird und gleichzeitig mit beruflichem Erfolg assoziiert wird.
Auch Erwartungen an typisch weibliche oder typisch männliche Rollenbilder spielen da mit rein. Das typische weibliche Rollenbild (fürsorglich, schwach, emotional, irrational) entspricht nämlich herzlich wenig dem klassischen Bild einer Führungskraft. Das traditionelle männliche Rollenbild (rational, stark, kämpferisch) dagegen schon. Von Frauen in Führungspositionen wird erwartet, dass sie aggressiv und durchsetzungsstark sind, also dem männlichen Stereotyp entsprechen. Gleichzeitig werden sie bei einem „zu männlichen“ Auftreten als nicht authentisch angesehen. Typisch weibliche Geschlechtsstereotype werden bei weiblichen Führungskräften oft als Inkompetenz interpretiert. Das führt auf der einen Seite dazu, dass Frauen seltener für eine Führungsposition gewählt werden und auf der anderen Seite auch dazu, dass Frauen in Führungspositionen negativer bewertet werden.
Und nu‘?
Was kannst du also konkret tun, um dem GPG entgegen zu wirken?
1. Umdenken
Gleichberechtigung fängt im Mindset an. Geschlechterstereotype müssen ganz dringend aufgebrochen werden, das Bild der „typischen Frau“ und des „typischen Manns“ neu gezeichnet werden. Care-Arbeit und soziale Berufe müssen in der Gesellschaft denselben Stellenwert bekommen, wie Jobs in der Wirtschaft. Frauen arbeiten durchschnittlich häufiger in Berufen, die per se schlechter bezahlt werden, wie zum Beispiel Berufe im sozialen Bereich. Hier brauchen wir grundsätzlich auf jeden Fall eine deutlich bessere Bezahlung frauendominierter Berufe. Außerdem arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit, unterbrechen ihre Arbeit länger oder besetzen niedriger bezahlte Positionen. Und das liegt wahrscheinlich auch ein bisschen daran, dass Frauen häufig berufliche Entscheidungen treffen, die mehr Zeit für die Familie erlauben. Abgesehen davon, dass es immer noch die Frauen sind, die schwanger werden und oft auch die ersten Monate beim Kind bleiben, wenn sie z.B. stillen. Und das ist ja auch völlig in Ordnung, allerdings sollte das nicht dazu führen, dass Frauen anschließend im weiteren Arbeitsleben benachteiligt werden. Dazu muss auch viel selbstverständlicher werden, dass Männer Elternzeit nehmen. Umfragen zeigen, dass Väter sich eine längere Elternzeit wünschen. Allerdings befürchten sie auch, dadurch ihre Karriere zu gefährden oder gesellschaftlichen Vorurteilen ausgesetzt zu sein. Ironisch, oder? Auch aus finanziellen Gründen nehmen Frauen häufiger Elternzeit, denn wenn die Frau schon vor der Geburt weniger verdient, als der Mann, dann macht es meist mehr Sinn, wenn er weiterhin voll arbeitet, während sie zuhause bleibt. Gleiche Arbeit und Arbeitsleistung sollte immer gleich bezahlt werden, egal, ob die Frau oder der Mann eine Zeit lang aus dem Beruf ausgesetzt haben. Also da müssen wir ran! Weg mit der Gläsernen Decke, toxische Geschlechterstereotype auflösen, die Wichtigkeit von Care-Arbeit für die Gesellschaft anerkennen und Vorurteile abschaffen!
2. Transparenz
Seit 2017 gilt in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz. Dieses Gesetz besagt, dass Beschäftigte in Unternehmen ab 200 Mitarbeitenden Auskunft darüber verlangen können, wo sich ihr Gehaltsniveau unternehmensintern im Vergleich zu anderen Mitarbeitenden befindet. Ab einer Unternehmensgröße von 500 Mitarbeitenden sind Arbeitgeber verpflichtet, im Lagebericht Auskunft über die Lohngleichheit zu geben. Ganz unabhängig vom EntgTranspG (ja, das ist die offizielle Abkürzung) kannst du aber auch in deinem Unternehmen ganz offen über Gehälter sprechen, Gründe für unterschiedliche Entlohnung offenlegen und so größtmögliche Transparenz schaffen. Und natürlich sollten deine Mitarbeitenden auch die Möglichkeit bekommen, empfundene Ungerechtigkeit anzusprechen und ggf. Gehälter nachzuverhandeln.
3. Sag was!
Mach den Gender Pay Gap auch zu deinem Thema. Setz dich für eine gerechte Entlohnung von Frauen ein und sprich darüber! Unterstütze deine Mitarbeitenden bei einer fairen Entlohnung. Teile deine Meinung zu dem Thema auf Social Media. Oder teile einfach diesen Blogartikel. Es gibt auch verschiedene Initiativen, die du unterstützen kannst. Der Girls‘ Day unterstützt zum Beispiel Mädchen, einen Einblick in typischerweise männerdominierte Berufe zu bekommen oder Frauen in Führungspositionen kennenzulernen, während der Boys‘ Day Jungen in frauendominierte Berufe schnuppern lässt. Auch die Initiative Frauen in MINT Berufen (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften & Technik) fördert die geschlechtsunabhängige Berufswahl, genau wie die Initiative KLISCHEE FREI. Wichtig ist, dass einfach weiter über das Thema der geschlechtsabhängigen Lohnlücke gesprochen wird, um eine Veränderung im Denken der Gesellschaft anzustoßen.
Es gibt also jede Menge zu tun. Ran an den Speck! Gemeinsam können wir es schaffen, den GPG noch weiter zu reduzieren und hoffentlich ganz bald sogar zu vernichten.