“Wir ticken doch alle ein bisschen anders.” Das ist der Grundgedanke, der hinter Neurodiversität steckt. Denn der Begriff Neurodiversität steht für ein Konzept, dass Unterschiede in neurobiologischen Veranlagungen als ganz normale Varianten genetischer Voraussetzung betrachtet. Neurologische Abweichungen von der “Norm”, wie ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung), Dyslexie (Lesestörung) oder Legasthenie (Lese-Rechtschreibstörung) werden somit nicht als abnormal bzw. als psychische Störungen eingeordnet, sondern als Ausprägungen normaler menschlicher Unterschiede.
Es gibt keinen einen richtigen neurobiologischen Bauplan sondern viele verschiedene. Jeder Mensch und damit auch jedes Gehirn ist anders. Jeder Mensch findet sich irgendwo auf einer unendllich fein abstufbaren Skala wieder – was sollte da als richtig oder falsch, normal oder abnormal klassifiziert werden?
Das Konzept der Neurodiversität versteht Diversität in neurologischen Veranlagungen als weitere Form menschlicher Diversität und stellt sich gegen die pathologische Einordnung mancher neurologischer Varianten.
Neurodiversität in Teams
Die Erkenntnis, dass Menschen ganz unterschiedlich sind, ist nicht neu. Gerade bei der Arbeit in Teams wissen wir, dass verschiedene Stärken, Arbeitsweisen und Persönlichkeiten sich gegenseitig ergänzen und das Team als Ganzes stärker machen. Diversität in Teams ist ein riesen Pluspunkt, denn gerade dann können Teammitglieder voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen. Die wichtige Grundlage dafür, dass Diversität in Teams eben diesen positiven Impact hat, ist Offenheit und Verständnis füreinander.
Auch Neurodiversität ist eine weitere Komponente von Diversität in Teams. Es geht nicht nur darum, wie Menschen, die mit ADHS etc. diagnostiziert wurden, am besten unterstützt werden können, sondern um das grundlegende Verständnis dafür, dass Menschen sich auch neurologisch unterscheiden. Wie wir denken und arbeiten, wie wir Informationen aufnehmen, verarbeiten und wiedergeben und wie wir kommunizieren ist einfach unterschiedlich. Auch hier gilt: Verständnis dafür, wie andere Personen im Team ticken, ist die wichtigste Grundlage.
Was können Unternehmen und Teams also tun um auf Menschen mit unterschiedlichen neurologischen Veranlagungen einzugehen? Kultur ist hier das Stichwort. Gerade wenn es um ein Thema geht, das mit einem gesellschaftlichen Stigma behaftet ist, wie es bei vielen neurologischen Varianten der Fall ist, die gesellschaftlich als “abnormal” eingeordnet werden, ist eine Kultur der Offenheit und Akzeptanz sehr wichtig. Auch wenn die Kultur eines Unternehmens und Teams von jedem/jeder einzelnen beeinflusst wird, so wird sie doch vor allem von Führungskräften geprägt. Das heißt, dass gerade wenn eine offene Kultur geschaffen werden soll, in der alle akzeptiert und wertgeschätzt werden, muss diese von oben (vor)gelebt werden.
Der Aspekt, der auf einer wertschätzenden Kultur aufbaut, ist zu wissen, wie Menschen denken, arbeiten und kommunizieren, um gegenseitiges Verständnis und gegenseitige Unterstützung möglich zu machen. Hier ist vor allem wichtig, sich im Team und als Führungskraft Zeit zu nehmen, sich damit auseinanderzusetzen, wie Menschen am besten ihr Potenzial entfalten können. Der erste Schritt ist also, mit den Teammitgliedern in den Austausch zu gehen und deren Bedürfnisse zu verstehen um daraufhin im zweiten Schritt die bestmöglichen individuellen (Arbeits-)Bedingungen zu schaffen. Dabei gilt: Jeder Mensch ist der oder die Expert:in für seine oder ihre Bedürfnisse. Nachfragen und empathisch Zuhören steht also an erster Stelle.