Die Stigmatisierung und infolgedessen Ablehnung und Benachteiligung von Personengruppen gehören leider immer noch zum Alltag in der heutigen Arbeitswelt. Seien es Vorstrafen oder psychische Erkrankungen – fast alles, was von der gesellschaftlich definierten Norm abweicht, eben “anders” zu sein scheint, kann und wird gegen Betroffene verwendet. Besonders eine kriminelle Vergangenheit, Suchterkrankungen und Schizophrenie sind stark stigmatisiert. Dabei verschlechtert die Ausgrenzung der Betroffenen deren Lebensqualität und psychische Gesundheit erheblich, weshalb das Stigma oft als “zweite Krankheit” bezeichnet wird. Viel zu häufig und zu unrecht werden Betroffene in die Schublade “schwach und nicht leistungsfähig” oder gar “gefährlich” gesteckt und viel zu selten werden zweite Chancen vergeben. Denn unsere leistungsorientierte Gesellschaft lebt und arbeitet immer noch nach dem Motto “go hard or go home”. Das muss sich ändern – finden nicht nur wir, sondern auch HEYHO – die soziale Müslirösterei!
Shoutout an HEYHO!
Das Social Start-Up HEYHO möchte auf genau diesen Missstand aufmerksam machen und hat es sich deshalb zum Ziel gemacht, Perspektiven für von Stigmatisierung betroffene Menschen zu schaffen und somit einen Teil zur Entstigmatisierung beizutragen. Wir finden es großartig, dass HEYHO tagtäglich aktiv gegen Stigmatisierung kämpft und dabei einen Ort für zweite Chancen und Neuanfänge schafft. Unser Shoutout geht deshalb an das Team von HEYHO!
Wir haben mit Marie Bökamp, Granola Activist bei HEYHO, gesprochen und ihr einige Fragen gestellt.
1. Wie kam es zur Gründung von HEYHO?
HEYHO wurde 2016 von Stefan, Timm und Christian gegründet. Christian und Timm kennen sich aus ihrer vorherigen Arbeit für einen großen Eis-Hersteller. Stefan hat ca. 20 Jahre lang eine Wohnungslosenunterkunft in Lüneburg geleitet. Zusammen wollten die drei einen Ort und ein Produkt erschaffen, das einen unmittelbaren sozialen Mehrwert erzeugt. Dabei sollte nicht einfach ein Teil der Gewinne in soziale Projekte fließen, sondern grundlegend ein Ort geschaffen werden, an dem Menschen Teilhabe erfahren und zusammen ein handgemachtes Produkt herstellen. 🙂
2. Welche Mission treibt euch voran?
Wir möchten Menschen in Arbeit bringen, die aufgrund von Brüchen im Lebenslauf vom ersten Arbeitsmarkt und großen Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen sind. Menschen mit psychischer oder Suchterkrankung, die im Gefängnis saßen oder auf der Straße gelebt haben. Zusammen produzieren wir besondere, hochwertige Bio-Lebensmittel. Wir möchten außerdem andere Firmen inspirieren, ebenso den sozialen Einfluss ins Kerngeschäft zu integrieren, also einen Fokus auf Menschen (in ihrer Diversität) und auf unsere Umwelt zu setzen. So können wir Stigmatisierung und Ausgrenzung entgegenwirken und alle voneinander lernen.
3. Ihr schreibt euch “Granola Activism” auf die Fahne – was bedeutet das genau?
Diese Wortschöpfung haben wir uns überlegt, um zu zeigen, dass wir nicht nur leckeres, veganes Bio-Granola herstellen, sondern dass es vor allem darum geht, gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben: Wir stellen keine Menschen ein, um Hafer zu rösten, wir rösten Hafer, um Menschen einzustellen. Unternehmerisches Handeln und sozialer Mehrwert schließen sich eben nicht aus.
4. Aus eurer Perspektive als Aktivist:innen für eine sozialere und menschlichere Arbeitswelt – Was muss sich in unserer heutigen Arbeitswelt verändern?
Ziel wirtschaftlichen Handelns sollte nicht Profitmaximierung sein, sondern gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen zu lösen. Wir wünschen uns eine Arbeitswelt, in der der Mensch (und zwar jeder Mensch) wertgeschätzt wird, Teilhabe erfährt und einen Sinn im Arbeiten und seinem Leben sehen kann. Dabei sollte es nicht nur das Ziel sein, ein bisschen weniger schlecht zu handeln, sondern echte Mehrwerte für Mensch und Umwelt zu schaffen.
Vielen Dank an HEYHO für euren Einsatz & an Marie für die spannenden Einblicke in eure grandiose Arbeit!