Produktivität im Homeoffice – was die Persönlichkeit damit zu tun hat – Teil 1
Wie Persönlichkeit und Setting unser Verhalten im Homeoffice beeinflussen und was man dafür oder dagegen tun kann.
Immer mehr Unternehmen setzen heute auf New Work Konzepte, darunter auch das „Von-zu-hause-arbeiten“. Auf den ersten Blick scheint die Homeoffice Variante sicherlich viele Vorteile zu bringen. So kann der Mitarbeiter die Zeit, die er sonst im Stau stünde, bereits am PC verbringen, oder mit sinnvoller Hausarbeit beginnen. Die wertvolle Lebenszeit kann so effizient genutzt werden, statt einfach nur im Stau oder im Zug “abgesessen” zu werden. Auch für Eltern klingt Homeoffice immer erstmal total romantisch. Man stellt sich vor, wie harmonisch die Kinder an ihrem Kindertisch sitzen und malen, während die Mama oder der Papa an ihrem PC Mails beantworten.
Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Ganz besonders bei der Spezies „Eltern“ fällt der Realitätscheck drastisch aus. Denn es gibt kein eindeutigeres Signal zur Unruhestiftung für Kinder, als der Klang der elterlichen Tastatur und dem dazugehörigen konzentrierten Blick auf den Bildschirm. Genau DAS ist immer das Zeichen für das Kind lauthals zu schreien, Hunger oder Durst zu bekommen oder sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Auf keinen Fall jedoch, jemals überhaupt passiert ist, dass meine Kinder mich in Ruhe eine Mail schreiben ließen…. ich könnte mich die letzten vier Jahre sicherlich daran erinnern.
Noch dazu kommt die Frage der Persönlichkeit hinzu. So haben Forscher auf Basis der psychologisch angesehenen Big Five, vier Persönlichkeitstypen extrahiert. Ich stelle die Hypothese auf, dass es Homeoffice taugliche Persönlichkeiten gibt (Spoiler: diese sind sicherlich die Seltenheit), und solche, die einfach den Gruppenzwang oder Menschen um sich herum brauchen. Aus meiner Sicht ist die breite Masse der Arbeiterschaft wahrscheinlich nicht homeofficetauglich. Was man dafür tun muss lest ihr im zweiten Teil dieses Artikels.
Aber zunächst: Was sind die Big Five?
Die Big Five sind ein Persönlichkeitsmodell, welches in der psychologischen Forschung bereits seit den 1930er Jahren entwickelt und sehr häufig validiert wurde. Eines DER Modelle, wenn es um interpersonelle Unterschiede geht und Persönlichkeiten voneinander abzugrenzen gilt.
Es legt fünf Skalen zugrunde auf denen Menschen ihre Persönlichkeit (nicht allumfänglich), aber dennoch gut erkennbar abbilden. Dabei handelt es sich um folgende Skalen:
1. Neurotizismus = ist die emotionale Labilität und Verletzlichkeit einer Person
2. Extraversion = Geselligkeit einer Person
3. Offenheit für Erfahrungen = Aufgeschlossenheit einer Person
4. Verträglichkeit = Rücksichtnahme, Kooperationsbereitschaft & Empathie einer Person
5. Gewissenhaftigkeit = Perfektionismus, den eine Person an den Tag legt
Die Forschergruppe um Martin Gerlach an der Northwestern University in Evanston fanden spannende Ergebnisse im Clustern bestimmter Persönlichkeitstypen. So stehen psychologische Typisierungen immer wieder in Verruf, wissenschaftlich nicht ausreichend fundiert, oder gar unseriös zu sein. Das ist besonder der Fall, wenn eine zu detaillierte Typisierung sozusagen die Illusion aufkommen lässt, dass alle Menschen einem dieser Typen zugehörig ist, oder aber eine zu grobe Typisierung eigentlich nichts aussagen kann, da sie nicht detailliert genug ist. Ich würde unterstellen, dass ein 4-Typen Clustering durchaus ausreichend ist, wenn es um homeoffice – taugliche bzw. – nichttaugliche Persönlichkeiten geht.
Die vier neuen Persönlichkeitstypen
Der „Average“ (Durchschnitt) Persönlichkeitstypus bezeichnet eher extrovertierte Menschen, die hohe Level an Neurotizismus aufweisen, aber wenig aufgeschlossen sind. (Funfact: Frauen gehören besonders häufig in diese Kategorie). Dieser, recht häufig vorkommende Typus könnte, wenn ich die Hypothese aufstellen darf, sicherlich im Homeoffice arbeiten (zumindest die Eigenschaften, die auf der Neurotizimusskala abgebildet werden, wären zu Hause sicherlich befriedigt). Allerdings weist der hohe Extraversionsgrad darauf hin, dass sie Menschen gerne um sich herum haben – wohl sicherlich auch das Käffchen mit dem Kollegen/ der Kollegin genießen und gerne ins Büro gehen. Aus meiner Sicht also ein Hybrid, der sowohl zu Hause als auch im Büro arbeiten kann.
Der „Reserved“ – Typus (reserviert, zurückhaltend) beschreibt emotional stabile (also wenig neurotische) Menschen, die aber ebenfalls wenig aufgeschlossen sind. Sie sind eher introvertiert als extrovertiert – zudem sind sie recht verträglich und gewissenhaft. Diese Art von Persönlichkeit wird sich sicherlich wohl fühlen aus dem Homeoffice zu arbeiten, und dabei auch produktiv sein (ihre hohe Gewissenhaftigkeit wird dafür sorgen). Aus meiner Sicht somit der perfekte Homeoffice-Arbeiter.
Der „Role model“- Typus (Vorbild), sind Personen, die in allen Bereichen hohe Punktzahlen erreichen, außer in der Kategorie Neurotizismus – sie sind also eher extrovertiert, aufgeschlossen, verträglich und gewissenhaft. Auch zu dieser Kategorie gehören besonders viele Frauen. Die Gewissenhaftigkeit ist bei diesem Typus besonders hoch, was meiner Hypothese nach, der Erfolgsfaktor für erfolgreiche Homeofficler ist.
Der „Self-centered“ – Typus (ichbezogen, egozentrisch) sind Menschen, die besonders extrovertiert sind, aber unterdurchschnittlich aufgeschlossen, gewissenhaft und verträglich. Sie sind im Büro unter Menschen am besten aufgehoben. Ihre relativ niedrigen Scores auf Gewissenhaftigkeit könnten darauf deuten, dass sie zu Prokrastination neigen, daher meine Hypothese: Ab ins Office!
Nun was sind also die Herausforderungen beim so wunderschön klingenden “Homeoffice”? Aus meiner Sicht gibt es einige Hürden, je nach Typus mal mehr oder weniger relevant. Mehr dazu welche Strategien man nutzen kann, um weniger zu prokrastinieren folgt die Tage in Teil 2 des Artikels.
Selbsteinschätzung
Bist du jemand, der oder die sich schnell ablenken lässt oder dem/der es schwer fällt ohne den Kontakt zu Kollegen produktiv zu sein? Wann hast du das letzte Mal deine Vorgehensweise im Homeoffice hinterfragt?
Dich interessiert, welcher Typus du bist? Dann schick uns eine Mail mit dem Betreff: BigFive an hallo@hppyppl.de