Teamwork ist zentral, wenn es um Entfaltung und Wohlbefinden von Mitarbeitenden, funktionierende Prozesse, Innovation und schlussendlich Unternehmenserfolg geht.
Eine funktionierende Zusammenarbeit im Team wird oft einfach vorausgesetzt, dabei hängt richtig gutes Teamwork von vielen Faktoren ab und sollte nicht einfach dem Zufall überlassen werden. Wir beschäftigen uns diesen Monat eingehend mit dem Thema und fragen uns insbesondere, wie Teamwork am besten funktioniert und proaktiv gestaltet werden kann.
Ein Unternehmen, das das Thema Teamwork neu gedacht und umgesetzt hat, ist atrain, eine Managementberatung für dynamische und ganzheitliche Leadership- und Organisationsentwicklung. atrain hat vor einigen Jahren unternehmensweit selbstorganisierte Teams eingeführt und ist seitdem ein Advokat für diese Art der Team- und Unternehmensorganisation. Wir finden es toll, dass atrain diesen Schritt gewagt hat, damit den Mitarbeitenden Selbstverantwortung zuspricht und diese Grundhaltung des People-Empowerments weiterträgt.
Wir haben mit atrain owner Joachim gesprochen und ihm einige Fragen zu atrain’s selbstorganisierten Teams gestellt:
Wie würdet ihr die Art und Weise, wie eure Teams arbeiten in einem Satz beschreiben?
Selbstorganisiert, purpose-getrieben, kundenzentriert. Es geht immer darum, das echte Kundenbedürfnis zu verstehen, dann aber von unserem Purpose her zu denken (was ist das Richtige zu tun?), dann organisiert sich das Team frei um den Bedarf herum. Die Frage “Wer macht was?” richtet sich nach den individuellen Stärken der Teammitglieder.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Einführung selbstgeführter Teams?
Am Anfang gab es große Ängste bei manchen Mitarbeitern, vor allem Leuten mit etwas weniger Erfahrung. Die Ängste traten aber weniger wegen der Einführung selbstorganisierter Teams auf, sondern weil wir gleichzeitig die Hierarchie komplett weggenommen haben – ab Senior Level haben unsere Leute keinen Chef mehr, es gibt keine Reporting Lines. Ich musste ca. 1,5 Jahre lang immer wieder Leute korrigieren die dann zu mir kamen und sagten, dass ich ja jetzt Ihr Chef sei – ich hab dann immer gesagt „Hör mit dem Quatsch auf, ich weiß doch überhaupt nicht was Du machst, … wie soll ich bitte Dein Chef sein?“. Das hat deutlich gemacht, Hierarchiedenken ist einfach tief in der DNA vieler Menschen verankert. Dahinter steckt die ultimative Angst, für sich selbst voll und ganz Verantwortung zu übernehmen. Entscheidend war, viel unterstützend zu arbeiten, viele Dialogformate untereinander zu schaffen, „Deep Work“, wo Leute über ihre Ängste sprechen können und so Stabilität von innen zu finden, aus der Beziehung zu Peers.
Ist diese Art zu Arbeiten eurer Erfahrung nach für jeden Typ Mensch geeignet?
Ja absolut. Es ist ein fundamentales Missverständnis zu glauben, dass nur Leute auf einem hohen Level an Maturity oder hoch qualifizierte Leute so arbeiten können. Im Kern liegt dieser Art zu denken ein Fixed Mindset zugrunde und man macht Menschen kleiner, als sie sind. Wir haben es überall mit Erwachsenen zu tun, sie sind alle dazu in der Lage, ihr Leben zu managen, Kinder großzuziehen etc. und im Alltag arbeiten wir ständig in selbstorganisierten Teams – in der Familie, in Vereinen etc. Es gibt auch schon aus den 70er Jahren exzellente Forschung unter dem Stichwort autonome/teilautonome Arbeitsgruppen, da wurde immer wieder nachgewiesen, dass Selbstorganisation auch im Blue Collar Umfeld exzellent funktioniert. Man muss einfach akzeptieren, dass es das erste Jahr sehr intensiv und auch spannungsgeladen sein kann, weil viele Leute anders sozialisiert wurden und sich das erst mal nicht zutrauen – bei manchen äußert sich die Angst in Aggression oder Widerstand. Hier ist einfach Gelassenheit, Akzeptanz, Compassion gefragt.
Was macht ihr mit unpopulären Aufgaben?
Die Teams entscheiden selbst, wer was macht. Aufgaben werden nach Kompetenz verteilt. Wenn jemand versucht, sich vor unpopulären Aufgaben zu drücken wird das im Team untereinander gechallenged. Menschen haben ein sehr gut ausgeprägtes Gespür für Fairness und werden auf Dauer keine unfaire Verteilung von Aufgaben im Team akzeptieren. Allerdings müssen erstmal die Atmosphäre bewusst kreiert und die Dialogformate etabliert werden, in denen offenes Challengen und Feedback untereinander stattfindet. Regelmäßiger Austausch im Team nicht über Inhalte, sondern über Zusammenarbeit und Emotionen ist dafür absolut notwendig.
Wie stellt ihr in komplexeren Projekten fest, dass alle die Infos haben, die sie brauchen, ohne stundenlange Meetings?
Da sind wir zwar gut aber nicht effizient – wir haben noch keinen effizienten Weg gefunden, Infos transparent auszutauschen ohne zusammensitzen. Es braucht dafür einfach noch den Dialog und Austausch und das macht es bei komplexen Projekten durchaus auch etwas ineffizient. Die größte Herausforderung ist, Kunden gegenüber zu argumentieren, warum wir als Systembegleiter mehr kosten als Einzeltrainer oder Organisationen, die nur einen kleinen Teil liefern – weil wir eben sicherstellen, dass alle den Kontext kennen. Die Meetings sind aber in der Regel nicht stundenlang, sondern eher so im Bereich von einer Stunde. Wir müssen auch noch disziplinierter darin werden, solche Meetings gut zu strukturieren.
Danke an atrain & Joachim für die spannenden Einblicke!