Jeder Mensch ist anders. Und nicht jeder blüht unter den gleichen Rahmenbedingungen auf.
Mit dem Thema “Arbeiten im Homeoffice” haben wir uns inzwischen zum Beispiel alle schon einmal beschäftigt. Wenn man es aus rein technischer Sicht sieht: Hard- und Software, Prozesse und Kommunikation und die Arbeitsplatzgestaltung im Heimbüro – dann lässt sich vieles standardisieren. Dazu haben wir übrigens auch schon zwei tolle Leitfäden verfasst:
Und doch treten große Unterschiede zwischen den Mitarbeitenden auf – sowohl im subjektiven Wohlbefinden als auch in der Leistungsfähigkeit. Deswegen macht es Sinn, einen genaueren Blick auf Persönlichkeit und Employee Experience zu werfen.
Persönlichkeit: Die Big 5 und das Büro daheim
Wenn wir Persönlichkeit erfassen wollen, sind die Big Five unser Goldstandard. Sollten sie Dir noch nicht bekannt sein, wirf gern einen Blick auf einen unserer ersten Blogposts zu diesem Thema: Produktivität im Homeoffice.
In einer aktuellen Studie untersuchten Gavoille und Hazans (2022) den Zusammenhang zwischen Remote Work, Persönlichkeit und Produktivität mit besonderem Blick auf die drei Faktoren Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Extraversion. Dabei zeigte sich: Je nach Ausprägung dieser Eigenschaftsdimensionen haben Menschen nicht nur mehr oder weniger Lust auf Homeoffice, sondern sind auch unterschiedlich produktiv!
Offenheit
Manche Menschen können nicht genug Neues erleben. Sie suchen außergewöhnliche Erfahrungen, aktuelles Wissen und herausfordernde Situationen. Anderen hingegen sind Altbekanntes und Routine lieber.
Je nach Aufgabe ist mal mehr der eine, mal mehr der andere Typ gefragt. Und gleich mehrere Studien sind sich hier einig: Je offener man ist, desto eher liebäugelt man mit der Arbeit aus der Ferne – und bringt auch die Leistung (Gavoille & Hazans, 2022; Allen, Golden und Shockley, 2015)
Gewissenhaftigkeit
Manche Menschen haben ein genaues Ziel vor Augen. Strukturiert und Schritt für Schritt streben sie es an und prüfen dabei jedes Ergebnis. Andere Typen nehmen es nicht so genau: sie agieren eher impulsiv, erledigen Sachen eher schnell als genau, springen auch mal auf eine andere Aufgabe.
Gewissenhaftigkeit ist generell mit hoher Produktivität verbunden. Und gerade im Homeoffice ist Produktivität eine Frage der Fähigkeit, sich selbst anzuspornen, Ablenkungen zu bannen und den Blick auf die Arbeit gerichtet zu halten (Baumeister & Vohs, 2004).
Extraversion
Stars auf der Bühne oder stiller Beobachter? Die wohl beste Eigenschaft, um Menschen zu unterscheiden, ist das Spektrum Introversion – Extraversion.
Eine Studie von Furnham, Eracleous und Chamorro-Premuzic (2009) kam zu dem Ergebnis, dass extrovertierte Personen eher den Bühnenscheinwerfern der Bürowelt nachjagen, während introvertierte Naturen flexiblere Rollen – wie das Homeoffice – bevorzugen.
Auch hier kommen Gavoille und Hazans (2022) zum selben Schluss – mit einer wichtigen Unterscheidung: Zwar wird das Arbeiten von daheim präferiert, in der Leistungsfähigkeit macht es aber kaum einen Unterschied, ob Mitarbeitende eher introvertiert oder extrovertiert sind.
Verträglichkeit und Emotionskontrolle
Die Fragen, wie verträglich man ist und ob man sich und seine Emotionen eher kontrolliert oder auslebt, zeigten in der bisherigen Forschung keine eindeutigen Zusammenhänge mit Remote Work.
Mache einen Selbsttest zu den Big Five – bist Du ein Homo Homeoffice?
Employee Experience: Was nicht passt, wird passend gemacht
Hand auf’s Herz – nicht jeder ist der ideale Homeoffice-Typ. Hohe Offenheit, niedrige Extraversion und hohe Gewissenhaftigkeit sind gute Voraussetzungen, um im Homeoffice ideal versorgt zu sein. Ist die Person eher extrovertiert, mag Routine und lässt sich auch mal ablenken, wird die Zeit allein daheim eher furchtbar als fruchtbar.
Was machen wir nun mit dieser Erkenntnis?
Die drei großen Gestaltungsmomente für People Manager und als Organisation sind:
Eine umfassende Anforderungsanalyse
Bei einer Stelle kommt es nicht nur auf Inhalte und Tätigkeiten, sondern auch auf die möglichen Rahmenbedingungen an. Ist die Stelle remote first, berücksichtigen wir die passende Persönlichkeit als Kriterium für einen guten Job Fit.
Unser Tipp: Stelle Klarheit her, wie viel der Tätigkeit remote und wie viel Präsenz möglich ist.
Ein kluger Auswahlprozess
Es kommt nicht nur auf die Hardskills an, sondern auch auf die Persönlichkeit der Bewerbenden. Die Big Five sind bei uns fester Teil der Auswahlverfahren und geben als Abgleich mit den Anforderungen ein besseres Bild über mögliche Konflikte.
Unser Tipp: Wenn einzelne Eigenschaften nicht ideal passen, sprich sie an und erkläre die Hintergründe.
Gemeinsames Job Crafting
Die Anforderungen des Unternehmens und Bedürfnisse der Mitarbeitenden müssen gekonnt miteinander verknüpft werden. Nur weil eine Stelle einmal angelegt ist, heißt das nicht, dass man einzelne Aspekte nicht anpassen kann. Ein Gespräch mit einzelnen gibt Aufschluss darüber, wie sie ihre Remote Work erleben, wo sie Unterstützung brauchen und was eben besser kann. Auch dazu gibt es Forschung über passende Interventionen.
Unser Tipp: Sprich mit den Mitarbeitenden regelmäßig über ihr Erleben am (Remote-)Arbeitsplatz. Sei es direkt im Dialog oder mit einer Befragung wie dem hppyppl Pulse Check. Mehr Austausch für Extrovertierte, mehr Struktur gegen leichte Ablenkung und fachlicher Input für Gewohnheitstiere sind leicht etabliert und verbessern Leistung wie Laune.
Unser Fazit:
Es gibt auf jeden Fall Persönlichkeitstypen, die mehr oder weniger fürs Homeoffice geeignet sind – aber das ist lange nicht alles, worauf es ankommt!
Am Ende des Tages gibt es für jeden Topf einen Deckel, auch wenn man manchmal zusammen etwas dafür arbeiten muss – dafür ist es das dann oft umso mehr wert, wenn Mitarbeitende glücklich und für lange Zeit zum Erfolg ihres Unternehmens beitragen können!